Montag, 21. Januar 2019

Grenzen im Kopf


Diesen Slamtext habe ich für ein Seminar zum Thema "Rassismus und Rechtsextremismus" geschrieben.

Da ragte diese Mauer vor mir in den Himmel,
gesäumt von stacheligem Brombeer-Gestrüpp
Mein Herz schlug schneller vor Neugier,
ich wollte wissen, was sich dahinter verbarg.
Ich schob die Dornenranken beiseite
Und krallte meine Finger in die bröckelige Wand.
„Kehr um!“, rief jemand mahnend hinter mir,
doch meine Abenteuerlust siegte.

Stück für Stück erklomm ich den steinernen Wall,
Er bröckelte und splitterte unter meiner Handfläche.
Endlich glitt mein Blick über den grauen Rand.
Das Land auf der anderen Seite erstreckte sich vor mir.
Aus Spitzdachhäusern leuchteten Lichter.
Ich sah sie zum ersten Mal.
Die Mauer bröckelte weiter, löste sich unter mir auf.
Und ich erwachte aus meinem Traum.

Wir sind eine Welt mit sieben Milliarden Menschen
Verteilt auf sieben Kontinente,
umgeben von sieben Ozeanen.
Wir fliegen um den Erdball, das Internet ist überall.
Kofi aus Ghana schickt mir Fotos von der Strandbar,
Nouman aus Singapur liest meinen Reiseblog,
Cristina aus Santander richtet Weihnachtsgrüße aus.
Entfernung hat keine Bedeutung mehr.

Und doch gibt es überall Grenzen.
Grenzen, die mächtiger sind als alle Mauern der Welt.
Es sind die Grenzen in unserem Kopf.
Erschaffen aus der Furcht vor dem Fremden.
Da ist unsere Angst vor Terror und Gewalt.

Angst vor dem Untergang unserer Identität,
wenn wir unsere schützenden Mauern niederreißen.
Da ist unsere Angst, verwundbar zu sein.
Die Grenzen in uns machen uns unbesiegbar.
An ihnen prallt alles ab, was nicht ins Bild passt.

In der Schule belehrten sie mich,
Rassismus existiere nur in Geschichtsbüchern.
Krieg gebe es nicht mehr bei uns.
Die Zeit des Kolonialismus sei vorbei.
Wir lebten in Europa, friedlich und gerecht.
Doch irgendwann verstand ich es:
Menschen sahen dennoch das Fremde im Menschen.
Rassismus existiert in unseren Köpfen.

Sind wir denn nicht alle total tolerant?

Opa Hans sitzt am Abendbrottisch.
„Ich habe einen schwarzen Mann gesehen
Eine schöne, blauäugige Blondine im Arm.
Ja ja, so hat er seinen Pass gekriegt.“

Liebe schert sich nicht um Hautfarbe.
Liebe schert sich nicht um Herkunft.
Liebe schert sich nicht um Religion.
Liebe sagt „Es ist, was es ist.“

Sind wir denn nicht alle total tolerant?

Opa Mohammed sitzt am Abendbrottisch.
„Ich habe eine blasse, hellhäutige Frau gesehen,
das Gesicht voller roter Sommersprossen.
ihre nackten Arme waren tätowiert.
So eine sollte mein Sohn niemals heiraten.“

Wir wollen uns und unsere Lieben schützen.
Vor dem unbekannten Gebiet hinter den Barrieren.
Vor einer Realität, die uns aus der Bahn wirft.
Vor der Zerstörung unserer Weltanschauung.

Sind wir denn nicht alle total tolerant?

Rassismus ist kein Phänomen vergangener Zeiten,
Rassismus existiert da draußen in unseren Straßen
Und ganz besonders in unseren Köpfen,
Irgendwo stoßen wir an unsere inneren Grenzen.

Ich will meine inneren Grenzen überwinden
Mit Neugier und Offenheit für die Welt dahinter.
Mit Faszination für die Vielfalt dieser Erde,
Mit Liebe für das, was anders ist als ich.
Mich wie ein Löwenzahn durch grauen Beton zwängen
Und die Mauer in meinem Kopf zum Einstürzen bringen,
mein kleines Denken hinter mich lassen,
meine kleine Welt jeden Tag etwas größer machen.

Vielleicht entdecke ich etwas Neues.
Wenn ich über meine Grenzen spähe.
Einen Menschen, der mein Herz berührt.
Eine Geschichte, die ich bisher nicht kannte.
Eine Erkenntnis, die meine Grenzen durchbricht.


Dienstag, 8. Januar 2019

Wenn die Welt feiert, dass sich das Datum ändert

Nun ist er mal wieder an Reihe, wie jedes Jahr: Mein Beitrag zu Weihnachten und Silvester.
So oft, liebe Leser und Leserinnen, habe ich von der goldig glänzenden, samtroten Weihnachtszeit geschwärmt und erzählt, in der Lichter aus allen Fenstern die Dunkelheit erhellen und es nach Zimt riecht sowie in allen Supermärkten entsprechende Musik dudelt.
Fünf Tage vor Weihnachten kam plötzlich dieser Moment, in dem ich dachte: Ehrlich? Das Jahr soll fast schon rum sein?
Die ganzen Weihnachtsbäume überall, die Werbeplakate für Weihnachtsgeschenke, auf denen lockenstab-frisierte Kinder in die Kamera lachten, sowie schwammige Silvesterpläne waren nur so an mir vorbeigerauscht. Seit zweiundzwanzig Jahren stelle ich immer wieder fest: Weihnachten kommt jedes Jahr überraschend, auch wenn ich weiß, dass es verlässlich am 24. Dezember stattfindet. Mitten im trubeligen Leben klopft es sacht an die Tür und verkündet: "Ich bin wieder da."

Und was ist mit Silvester? Ich rekapitulierte das Jahr: Neue, von mir heiß geliebte Hobbys, eine unvergessliche Reise nach Ghana, eine ebenso unvergesslicher Urlaub in Marrakesch und ein Sommer mit House-Hopping Katzen waren dabei.
Ein Mitternachts-Feuerwerk in rauschenden Farben folgte am Wasser und ich begann, mich auf 2019 zu freuen.
Silvester ist ein Tag im Jahr wie alle anderen. Und doch ist es in unseren Hinterköpfen als Neuanfang vermerkt: Beginnt ein neues Jahr, beginnen auch unsere Erwartungen und Wünsche von Neuem. Unter anderem: Sich gesünder ernähren z.B.. Beruflich weiterkommen. Mehr Zeit mit den Lieblingsmenschen verbringen. Es liegen einmal wieder 365 Tage vor uns, denen wir Leben einhauchen wollen, was wir mit Dinner for One im Fernsehen und mit viel Raclette-Leckereien im Magen feiern. Oder, wenn man es genau nimmt, die meisten feiern Silvester allein schon deshalb, weil es leckeres Essen gibt und Bleigießen in der Kindheit schon immer so viel Spaß gemacht hat, vor allem die anschließende Interpretation ("Ein Vogel, für Pech? Nein. Eine Insel? Wuhuuu, meine Träume werden sich erfüllen!").
Für mich ist ein neues Jahr immer ein neues Abenteuer, ein leeres Buch, dessen Seiten ich gründlich und mit Farben füllen möchte. Mein Terminkalender kann schon für einige Kritzeleien herhalten,Vorfreude inklusive usw., doch besagtes leere Buch kritzelt sich langsam von selbst voll, um beim Vergleich zu bleiben, und ich helfe mit meinem Stift nach. :)

Von Vorsätzen an sich halte ich nicht so viel, vom Wünschen aber schon. Ich glaube, dass Silvester ein guter Zeitpunkt ist, sich zu überlegen, was man sich wünscht, um diese dann Schritt für Schritt zu erfüllen- nicht nur Silvester ist dafür ein guter Zeitpunkt, sondern das ganze Jahr über. Auch das sollten wir natürlich nicht vergessen.

Es gibt einen Spruch, der besagt: Jedes Jahr feiert die Welt, dass sich das Datum ändert. Doch irgendwann wird hoffentlich das Datum gefeiert, an dem sich die Welt ändert. Ich finde, da steckt viel Wahrheit drin. Ganz unabhängig davon, ob sich die Welt überhaupt an einem festen Datum ändern kann oder es schleichend geschieht. Ich denke, dass auf jeden Fall das Fest der Feste wäre- zu feiern, dass sich die Welt ändert- lass uns alle daran arbeiten. In diesem Sinne noch einmal nachträglich: Cheers!

Dienstag, 18. Dezember 2018

Das Glas mit den Sorgen

Die meisten Menschen neigen dazu, sich Sorgen zu machen, mich nicht ausgenommen. Bei manchen ist es so schlimm, dass sie abends im Bett liegen, während sich das Gedankenkarussel unaufhaltsam dreht, und im Geiste durchgehen, was schief gelaufen ist, was sie hätten anders machen können an diesem Tag und was sie bloß nicht vergessen dürfen. Sich Sorgen zu machen, kann sehr anstrengend sein. Nicht nur für die Person selbst, sondern für das ganze Umfeld, das die Sorgen mitbekommt.
Dazu kommt, dass Sorgen unliebsame Begleiterscheinungen wie Falten und Augenringe mit sich bringen.
An einer Universität, nicht an meiner, sondern einer anderen, veranstaltete eine Psychologin einmal mit ein paar Studenten ein Seminar gegen Stress (Tatsächlich habe ich schonmal eine Geschichte von einem Professor erzählt, der eine Vorlesung mit einem Wasserkrug veranstaltet hat; offenbar mag ich solche Geschichten).

Die Psychologin hielt ein Glas hoch, das mit Kernen gefüllt war. Statt zu fragen, ob das Glas halb voll oder halb leer sei, wollte sie lieber wissen, wie schwer das Glas sei. Die Schätzungen der Studenten lagen bei 500 bis 1000 Gramm.
Die Psychologin hörte sich die Vermutungen an und sagte schließlich: "Das absolute Gewicht spielt keine Rolle, ob 400, 800 oder 1200 Gramm. Viel wichtiger ist es, wie lange ich das Glas halten muss. Es eine Minute zu halten, ist nicht schwer. Nach einer Stunde jedoch würde mein Arm wehtun. Müsste ich es einen ganzen Tag lang halten, würde mein ganzer Körper irgendwann von Schmerzen geplagt sein und letztendlich würde er es gar nicht mehr aushalten. So ist es auch mit den Sorgen, die wir mit uns herumtragen. Sie sind mit den Kernen in diesem Glas vergleichbar. Denken wir nur kurz an unsere Sorgen, ist es nicht so schlimm, als wenn wir uns eine ganze Stunde mit ihnen befassen. Wenn wir zu lange an sie denken, werden sie anfangen, uns Kopfschmerzen zu bereiten. Wenn wir den ganzen Tag nur in Gedanken bei ihnen sind, werden wir irgendwann so gelähmt sein, dass wir nichts mehr auf die Reihe bekommen. Dann haben die Sorgen die Überhand gewonnen."

Die Psychologin fügte noch hinzu: "Um das zu verhindern, müsst ihr euer Glas mit den Sorgen ab und zu auskippen und es stattdessen mit bunten Murmeln befüllen. Tragt die Sorgen nicht in den Abend und die Nacht hinein, manchmal muss das Glas einfach mal abgesetzt werden, damit wir Zeit haben, uns zu erholen." An der Stelle endet die Geschichte. Was die Murmeln sein könnten, müssen wir wohl selbst herausfinden. Ich habe mir vorgestellt, dass es schöne Erinnerungen sein könnten, z.B. an den letzten Ausflug ans Meer, oder bestimmte Sätze, die unsere Lieblingsmenschen mal zu uns gesagt haben und die uns glücklich gemacht haben, oder eine Tätigkeit, bei der wir einfach abschalten, wie abends mit den Freunden rausgehen und ganz vergessen, was morgen nochmal für ein Tag ist.

Und ich glaube auch, dass Murmeln die Sorgen nicht einfach beiseite schieben sollten und das zudem auch gar nicht könnten. Sorgen sind in den meisten Fällen Probleme, die längerfristig gelöst werden sollten. Vielleicht geht es nur darum, dass wir uns bewusst machen müssen, dass wir nicht hier und jetzt gleich alle Probleme lösen können - vielleicht können wir das erst, wenn wir die bunten Murmeln eine Weile in dem Glas ausgekostet haben. ;)

Sonntag, 14. Oktober 2018

Mit einer Prise Humor...

"Wie nennt man einen Matrosen, der sich nie wäscht?", fragte ich I., das Kind, dass ich regelmäßig sitte, und beantworte nach einer Weile die Scherzfrage mit: "Ein Meerschweinchen." Von solchen Witzen, egal, wie flach sie sind, kann I. nie genug kriegen, ganz besonders nicht vorm Schlafengehen. Ein wenig was zu lachen muss sein, bevor sie ins Reich der Träume abdriftet.

Erst kürzlich habe ich mich mit dem Thema Lachyoga beschäftigt und damit, wie entspannend und erfrischend es sein kann, einfach mal laut loszulachen. Nun komme ich zu dem Thema Humor. Ich mag Menschen, die Humor haben und sich nicht zu schade sind, sich selbst auch mal gründlich auf die Schippe zu nehmen. Wie beispielsweise Blondinen, die einen Blondinenwitz nach dem anderen erzählen. Humor macht Menschen sympathisch, finde ich, und kann vielen angespannten Situationen ihre Schärfe nehmen.

Ich glaube, manchmal nehmen wir das Leben einfach zu ernst, und davon schließe ich mich selbst auch nicht aus. Wenn eine Sache schiefgeht, uns ein Teller in der Küche in Scherben zerspringt, wir den Bus nicht mehr kriegen oder unser letztes Date nicht wie erhofft verlaufen ist, denke ich, kann es hilfreich sein, das Ganze aus der Sicht des Komischen zu betrachten statt Trübsal zu blasen. Bei wie vielen Dingen, die wir vor Jahren gemacht haben und die wir zu dem Zeitpunkt gar nicht witzig fanden, können wir nun lachen, wenn wir unseren Freunden davon erzählen?

Ich kann jetzt beispielsweise darüber lachen, wenn ich daran denke, wie ich mit fünfzehn in der Nähe der Zugspitze das erste Mal Snowboard gefahren und dabei im Tiefschnee stecken geblieben bin, weil mein Begleiter und ich versehentlich die Piste für Fortgeschrittene gewählt hatten. Oder wie ich bei meinem Job als Pizzafahrerin bei Joey's nach dem Abitur versehentlich 12 Cent statt 12 Euro bei einer Kundin per Kartenzahlung abgebucht hatte. Mir fallen noch unzählige weitere Geschichten ein, die im Nachhinein einfach unglaublich komisch sind, während ich in der damaligen Situation eher aufgeregt hätte.

Natürlich gibt es Dinge, die sind an sich eher traurig und dramatisch als witzig, zum Beispiel bei politischen Themen oder Krankheiten. Und doch sind es gerade Dinge, die mit einer kräftigen Portion Galgenhumor und Sarkasmus ins Lächerliche gezogen werden und den Personen, die darüber schmunzeln, somit nachhaltig in Erinnerung bleiben. So hat es mir auch meine Zirkusdirektorin C. einmal erklärt.
Humor kann ein wenig Leichtigkeit und Unbeschwertheit in all die Ernsthaftigkeit unseres Leben bringen und dafür sorgen, dass wir gewisse Situationen besser aushalten. Manchmal ist es die bessere Wahl, einen Witz zu machen statt sich aufzuregen. Lass uns das nicht vergessen, liebe Leser und Leserinnen. Humor ist schließlich der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Motivation

Wenn ich eine Leidenschaft für etwas Bestimmtes habe, bin ich höchst motiviert. Dann ist egal, ob es schon 23 Uhr ist, der Text, der mir eingefallen ist, will dann von mir aufgeschrieben werden. Die einstündige Fahrzeit zur Ensemble-Zirkusgruppe ist das Training dann auch wert, schließlich bin ich motiviert. Die Menschen in meinem Umfeld fragen mich nicht selten, wie ich es schaffe, so motiviert zu sein. Früh aufzustehen, wenn ich doch so lang schlafen könnte, Hausarbeiten vor Beginn der Semesterferien abzugeben, obwohl noch Zeit ist, und morgens joggen zu gehen. Ich denke, es liegt daran, dass ich die Energie dazu verspüre und daran, dass ich es will. Am liebsten hier und jetzt.

Wenn ich aber etwas machen muss, dass ich nicht mag, wie zum Beispiel die Unterlagen für die nächste Steuererklärung herauszusuchen, ist es viel anstrengender. Natürlich mache ich es trotzdem, nur ist die Motivation dementsprechend nicht so groß. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man insgesamt viel motivierter ist, wenn man sich klare Ziele setzt. Das kann heißen: "Ich möchte mein Studium beenden und danach in einer Firma arbeiten." Oder: "Ich möchte nach Brasilien reisen, deshalb melde ich mich zu einem Portugiesisch-Kurs an." Bestimmt fallen euch da auch einige Beispiele zu euch selbst ein, liebe Leser und Leserinnen. Um motiviert zu sein, muss man sich immer wieder fragen: "Warum mache ich das hier?" Normalerweise sollte das Ergebnis des eigenen Handelns dann motivierend. Schließlich werden wir uns bewusst, was wir unserem Tun bezwecken, ob es wirklich für uns selbst ist oder vielleicht auch durch Druck von außen. Wenn wir etwas tun, das wir selbst wirklich wollen und nicht Eltern, Lehrer oder Freunde, dann sind wir meist auch motivierter. Motivation ist nicht gleich Zwang.
Ist uns das Ziel aber gar nicht so wichtig oder so dringend ("Och, wir fahren irgendwann mal nach Brasilien, wenn die stressige Zeit nach der Arbeit vorüber ist, schauen wir dann mal die nächsten Jahre..."), dann ist die Motivation viel geringer, das tatsächlich auch umzusetzen. Da hilft es, sich selbst eine Deadline zu setzen: Wann mache ich das? Bis wann will das auf jeden Fall getan haben? Unentschlossenheit ist nämlich ein absoluter Motivationskiller und oftmals gefundenes Fressen für den gefürchteten inneren Schweinehund. "Irgendwann" ist keine Zeitangabe, die sich motivierend auswirkt.

Hindernisse bei der Bewältigung bestimmter Vorhaben gibt es eigentlich immer. Und sei es nur der Schritt, zum Telefonhörer zu greifen und einen Termin auszumachen, z.B. bei einer Sprachschule, um beim Beispiel zu bleiben. Doch Motivation hilft uns, mühelos über derlei Hindernisse zu springen. Wenn wir die Frage "Will ich das?", egal, ob im Job, beim Sport oder bei einer zu erledigenden Arbeit laut mit "Ja" beantworten können, sollten wir auch anfangen. Schnellstmöglich. Auch wenn wir es eher müssen als wollen, denn das, was hinter der Handlung steht, ein Haus, eine abgeschlossene Ausbildung oder eine erhalten gebliebene Gesundheit, wollen wir ja eigentlich doch. Auch, wenn es anstrengend vorher wird und wir nicht auf alles Lust haben, was der Weg dorthin mit sich bringt, zum Beispiel Bewerbungen schreiben.

Mir ist aufgefallen, je motivierter ich in einem bestimmten Bereich meines Lebens bin, desto mehr hat sich das auch auf andere Lebensbereiche ausgewirkt. Das heißt: Wenn wir einmal festgestellt haben, dass wir uns selbst motivieren können, ohne Druck von außen, können wir das überall anwenden - vorausgesetzt, wir wollen es. 
Motivation ist ansteckend. Auch gegenüber unseren Mitmenschen, die sich inspiriert fühlen, es uns gleich zu tun. Sie sehen ja, dass es bei uns funktioniert, wenn wir bei einer Sache motiviert sind. Wenn wir sehen, dass sich andere durch uns motiviert fühlen, bestärkt uns das noch einmal doppelt in unserem Tun- ein schöner Nebeneffekt. Ich glaube, dass Erfolg nicht allein mit Talent zu tun hat - sondern auch mit sehr viel Motivation, an etwas dranzubleiben.

Lachyoga

Kennt ihr das, wenn man einmal zu lachen anfängt und dann nicht mehr aufhören kann, obwohl der Bauch schon wehtut und man kaum noch Luft kriegt, aber trotzdem aus vollem Herzen lacht? Mir geht das oft so, wenn ich mit Freunden abends in der Runde sitze und einer von ihnen etwas Witziges erzähle. Kaum einkriegen kann ich mich auch, wenn J. und ich in unserer WG zusammensitzen und uns in Lashflashs hineinsteigern.
Es kommt auch vor, dass ich in der Bahn sitze und eine lustige Whatsapp-Nachricht bekomme, bei der ich laut losprusten muss und erstaunte Blicke von allen Seiten ernte. Eine Frau, die mir eines Abends in der Bahn gegenübersaß, sagte sogar zu mir: "Ich habe dich auf dem Bahnsteig gesehen, wie du gelacht hast. Das war schön."

Jedenfalls gab es etwas, das ich schon immer ausprobieren wollte: Lachyoga. Als ich das zum ersten Mal gehört habe, dachte ich: "Was soll das denn bitte sein? Den Sonnenaufgang machen und dabei lachen, wie soll man das zusammenbringen?" und "Geht das überhaupt, dass man die ganze Zeit dabei lacht?". Ich stellte mir das auf jeden Fall schon ziemlich abartig vor.

Meine Freundin J. und ihr Freund begleiteten mich zu der Lachyogastunde, ein fetter Smiley an der Haustür wies uns den Weg. Wir waren die Jüngsten in der Runde, wärmten uns zusammen mit den anderen Teilnehmer/innen auf, indem wir Luftballons durch den Raum schubsten, und machten dann verschiedene Einheiten mit, bei denen wir oft "Ha-ha-ho-ho", sagten. Ja, zuerst sagten, was so komisch war, dass ich dann tatsächlich lachen musste. Am meisten konnte ich lachen, wenn ich zu J. und ihrem Freund hinübersah und unsere verschmitzten Blicke sich trafen. Zwischendurch, als die Runde eigentlich vergleichsweise still war, bekam ich so einen Lachflash, dass ich erst das Gefühl hatte, ich könnte nicht mehr aufhören. Dabei war der Moment nicht einmal lustig, trotzdem hatte ich das Gefühl, ich könnte einfach immer weiterlachen, wenn ich mich nicht absichtlich beruhigte. In der kurzen Pause erklärte uns die Lachyoga-Lehrerin, dass die Sitzungen gegen Depressionen helfen und dafür sorgen, dass man vom Alltag abschaltet und Stress loslässt.

Ich fand diese Gedanken zum Thema sehr interessant. Dass Lachen wohltuend für die Seele ist, wissen wir ja alle. Und nicht etwa ein aufgesetztes Lachen, mit dem wir fröhliche Stimmung simulieren wollen. Sondern ureigenstes, innerstes Lachen, dass vielleicht nicht nur niedlich klingt, sondern auch richtig dröhnend und laut sein kann. Das kommt bei uns meistens zum Vorschein, wenn wir unter Menschen sind, die uns gut tun, wenn wir uns gut fühlen und wenn wir ausgelassen sind. Solche Momente, denke ich, werden viel zu sehr unterschätzt. In Gesellschaft lachen wir ohnehin viel öfter als alleine. Wenn wir es aber auch schaffen, uns alleine zu erheitern, sei es mit einer lustigen Buchpassage oder, weil wir etwas Lustiges sehen, dabei laut loszulachen, ohne das jemand neben uns ist, ist das Gold wert. 
Auf die Frage meiner Freundinnen, wie es denn gewesen sei beim Lachyoga, antwortete ich: "Es war lustig."

Samstag, 21. Juli 2018

Gewaltfreie Kommunikation

Es nicht allzu lange her, dass ich mich in einem Seminar an meiner Uni mit dem Thema "Gewaltlose Kommunikation" beschäftigen sollte.
Wir sind alle Menschen, die von Menschen umgeben sind, und neben aller Wertschätzung und Zuneigung, die wir uns entgegenbringen können, ist da auch ein mächtiges Konfliktpotenzial. Diese Konflikte sind nicht immer gewaltfrei und damit meine ich nicht etwa, dass sich bei den Auseinandersetzungen geprügelt wird und körperliche Gewalt im Spiel ist.

Aggressive Rhetorik und Wortwahl können viel verletztender für das Gegenüber sein. Im Streit wird nicht selten ausgepackt, was sich gegen die andere Person verwenden lässt, das eigene Ego drängt sich mit Ellenbogen an die Oberfläche und ist dabei alles andere als nett und empathisch. In der Theorie der gewaltlosen Kommunikation wird zwischen Wolfssprache und Giraffensprache unterschieden. Der Wolf in seiner Position sitzt zum Angriff bereit, während die Giraffe mit ihrem langen Hals die Gesamtsituation überblickt und nicht nur die eigenen, verletzten Gefühle sieht. Zur Wolfssprache würde es gehören, wenn jemand sagt: "Du bist so scheiße, weil du das gemacht hast." Die Giraffe würde es eher so ausdrücken: "Ich finde, das was du gemacht hast, war nicht in Ordnung. Ich hätte mir gewünscht, dass du es so gemacht hättest...". Letzteres wäre gewaltfreie Kommunikation, wozu es gehört, den Eindruck aus der eigenen Perspektive zu schildern, den anderen nicht direkt zu verurteilen, nicht beleidigend zu sein und möglichst sachlich zu bleiben sowie die gesamte Situation kritisch unter die Lupe zu nehmen, ohne sein eigenes Ego zu sehr einfließen zu lassen.
Giraffensprache ist übrigens auch ehrlich, genauso ehrlich, wie Wolfssprache es vielleicht ist, jedoch auf weniger verletztende Weise.
Wenn jemand wütend ist, ist so was schwer, das kennt jeder bestimmt auch von sich selbst. Streiten an sich gehört dazu und sollte meiner Meinung nach auch nicht gemieden werden. Ich denke jedoch auch, dass sich vieles zum Positiven verändern kann, wenn Menschen mehr lernen, gewaltfrei zu kommunizieren.

Als ich in einem Feriencamp für Kinder arbeitete, holte mich einer der Jungs zu seinem Mittagesssens-Tisch und erzählte mir, er wäre von dem Jungen gegenüber von ihm als "dumm" beschimpft worden. "Stimmt das?", fragte ich den Jungen gegenüber. "Nein", erwiderte dieser. "Ich meinte nur, das, was du gemacht hast, war dumm." Die Aussage war vielleicht auch nicht die Sachlichste, aber schon ein großer Unterschied zu der Behauptung, er wäre dumm als Person. Gemeinsam versuchten wir, den Konflikt zu lösen. Im Stillen dachte ich mir: Eigentlich sind die Kinder durchaus in der Lage, gewaltfreier und weniger verletztend zu kommunizieren, sie halten sich nur nicht immer daran. Das Gleiche gilt für uns Erwachsene. Wir alle kennen den Moment, wo wir einfach nur den Mittelfinger heben wollen und schreien wollen: "Fuck you." Und in dem Logik, Vernunft und ein sachliches Friedensverständnis einfach mal egal sind.
Ein bisschen Wolf und ein bisschen Giraffe steckt in jedem von uns. Ich würde sagen, es kommt darauf an, welches von beiden wir mehr aus uns herauskehren.
Gewaltfreie Kommunikation wird nicht den Weltfrieden herbeiführen, ist aber ein wesentlicher Schritt, um Beziehungen zu reparieren und von Mitmenschen respektiert zu werden.