Dienstag, 18. Dezember 2018

Das Glas mit den Sorgen

Die meisten Menschen neigen dazu, sich Sorgen zu machen, mich nicht ausgenommen. Bei manchen ist es so schlimm, dass sie abends im Bett liegen, während sich das Gedankenkarussel unaufhaltsam dreht, und im Geiste durchgehen, was schief gelaufen ist, was sie hätten anders machen können an diesem Tag und was sie bloß nicht vergessen dürfen. Sich Sorgen zu machen, kann sehr anstrengend sein. Nicht nur für die Person selbst, sondern für das ganze Umfeld, das die Sorgen mitbekommt.
Dazu kommt, dass Sorgen unliebsame Begleiterscheinungen wie Falten und Augenringe mit sich bringen.
An einer Universität, nicht an meiner, sondern einer anderen, veranstaltete eine Psychologin einmal mit ein paar Studenten ein Seminar gegen Stress (Tatsächlich habe ich schonmal eine Geschichte von einem Professor erzählt, der eine Vorlesung mit einem Wasserkrug veranstaltet hat; offenbar mag ich solche Geschichten).

Die Psychologin hielt ein Glas hoch, das mit Kernen gefüllt war. Statt zu fragen, ob das Glas halb voll oder halb leer sei, wollte sie lieber wissen, wie schwer das Glas sei. Die Schätzungen der Studenten lagen bei 500 bis 1000 Gramm.
Die Psychologin hörte sich die Vermutungen an und sagte schließlich: "Das absolute Gewicht spielt keine Rolle, ob 400, 800 oder 1200 Gramm. Viel wichtiger ist es, wie lange ich das Glas halten muss. Es eine Minute zu halten, ist nicht schwer. Nach einer Stunde jedoch würde mein Arm wehtun. Müsste ich es einen ganzen Tag lang halten, würde mein ganzer Körper irgendwann von Schmerzen geplagt sein und letztendlich würde er es gar nicht mehr aushalten. So ist es auch mit den Sorgen, die wir mit uns herumtragen. Sie sind mit den Kernen in diesem Glas vergleichbar. Denken wir nur kurz an unsere Sorgen, ist es nicht so schlimm, als wenn wir uns eine ganze Stunde mit ihnen befassen. Wenn wir zu lange an sie denken, werden sie anfangen, uns Kopfschmerzen zu bereiten. Wenn wir den ganzen Tag nur in Gedanken bei ihnen sind, werden wir irgendwann so gelähmt sein, dass wir nichts mehr auf die Reihe bekommen. Dann haben die Sorgen die Überhand gewonnen."

Die Psychologin fügte noch hinzu: "Um das zu verhindern, müsst ihr euer Glas mit den Sorgen ab und zu auskippen und es stattdessen mit bunten Murmeln befüllen. Tragt die Sorgen nicht in den Abend und die Nacht hinein, manchmal muss das Glas einfach mal abgesetzt werden, damit wir Zeit haben, uns zu erholen." An der Stelle endet die Geschichte. Was die Murmeln sein könnten, müssen wir wohl selbst herausfinden. Ich habe mir vorgestellt, dass es schöne Erinnerungen sein könnten, z.B. an den letzten Ausflug ans Meer, oder bestimmte Sätze, die unsere Lieblingsmenschen mal zu uns gesagt haben und die uns glücklich gemacht haben, oder eine Tätigkeit, bei der wir einfach abschalten, wie abends mit den Freunden rausgehen und ganz vergessen, was morgen nochmal für ein Tag ist.

Und ich glaube auch, dass Murmeln die Sorgen nicht einfach beiseite schieben sollten und das zudem auch gar nicht könnten. Sorgen sind in den meisten Fällen Probleme, die längerfristig gelöst werden sollten. Vielleicht geht es nur darum, dass wir uns bewusst machen müssen, dass wir nicht hier und jetzt gleich alle Probleme lösen können - vielleicht können wir das erst, wenn wir die bunten Murmeln eine Weile in dem Glas ausgekostet haben. ;)

Sonntag, 14. Oktober 2018

Mit einer Prise Humor...

"Wie nennt man einen Matrosen, der sich nie wäscht?", fragte ich I., das Kind, dass ich regelmäßig sitte, und beantworte nach einer Weile die Scherzfrage mit: "Ein Meerschweinchen." Von solchen Witzen, egal, wie flach sie sind, kann I. nie genug kriegen, ganz besonders nicht vorm Schlafengehen. Ein wenig was zu lachen muss sein, bevor sie ins Reich der Träume abdriftet.

Erst kürzlich habe ich mich mit dem Thema Lachyoga beschäftigt und damit, wie entspannend und erfrischend es sein kann, einfach mal laut loszulachen. Nun komme ich zu dem Thema Humor. Ich mag Menschen, die Humor haben und sich nicht zu schade sind, sich selbst auch mal gründlich auf die Schippe zu nehmen. Wie beispielsweise Blondinen, die einen Blondinenwitz nach dem anderen erzählen. Humor macht Menschen sympathisch, finde ich, und kann vielen angespannten Situationen ihre Schärfe nehmen.

Ich glaube, manchmal nehmen wir das Leben einfach zu ernst, und davon schließe ich mich selbst auch nicht aus. Wenn eine Sache schiefgeht, uns ein Teller in der Küche in Scherben zerspringt, wir den Bus nicht mehr kriegen oder unser letztes Date nicht wie erhofft verlaufen ist, denke ich, kann es hilfreich sein, das Ganze aus der Sicht des Komischen zu betrachten statt Trübsal zu blasen. Bei wie vielen Dingen, die wir vor Jahren gemacht haben und die wir zu dem Zeitpunkt gar nicht witzig fanden, können wir nun lachen, wenn wir unseren Freunden davon erzählen?

Ich kann jetzt beispielsweise darüber lachen, wenn ich daran denke, wie ich mit fünfzehn in der Nähe der Zugspitze das erste Mal Snowboard gefahren und dabei im Tiefschnee stecken geblieben bin, weil mein Begleiter und ich versehentlich die Piste für Fortgeschrittene gewählt hatten. Oder wie ich bei meinem Job als Pizzafahrerin bei Joey's nach dem Abitur versehentlich 12 Cent statt 12 Euro bei einer Kundin per Kartenzahlung abgebucht hatte. Mir fallen noch unzählige weitere Geschichten ein, die im Nachhinein einfach unglaublich komisch sind, während ich in der damaligen Situation eher aufgeregt hätte.

Natürlich gibt es Dinge, die sind an sich eher traurig und dramatisch als witzig, zum Beispiel bei politischen Themen oder Krankheiten. Und doch sind es gerade Dinge, die mit einer kräftigen Portion Galgenhumor und Sarkasmus ins Lächerliche gezogen werden und den Personen, die darüber schmunzeln, somit nachhaltig in Erinnerung bleiben. So hat es mir auch meine Zirkusdirektorin C. einmal erklärt.
Humor kann ein wenig Leichtigkeit und Unbeschwertheit in all die Ernsthaftigkeit unseres Leben bringen und dafür sorgen, dass wir gewisse Situationen besser aushalten. Manchmal ist es die bessere Wahl, einen Witz zu machen statt sich aufzuregen. Lass uns das nicht vergessen, liebe Leser und Leserinnen. Humor ist schließlich der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Motivation

Wenn ich eine Leidenschaft für etwas Bestimmtes habe, bin ich höchst motiviert. Dann ist egal, ob es schon 23 Uhr ist, der Text, der mir eingefallen ist, will dann von mir aufgeschrieben werden. Die einstündige Fahrzeit zur Ensemble-Zirkusgruppe ist das Training dann auch wert, schließlich bin ich motiviert. Die Menschen in meinem Umfeld fragen mich nicht selten, wie ich es schaffe, so motiviert zu sein. Früh aufzustehen, wenn ich doch so lang schlafen könnte, Hausarbeiten vor Beginn der Semesterferien abzugeben, obwohl noch Zeit ist, und morgens joggen zu gehen. Ich denke, es liegt daran, dass ich die Energie dazu verspüre und daran, dass ich es will. Am liebsten hier und jetzt.

Wenn ich aber etwas machen muss, dass ich nicht mag, wie zum Beispiel die Unterlagen für die nächste Steuererklärung herauszusuchen, ist es viel anstrengender. Natürlich mache ich es trotzdem, nur ist die Motivation dementsprechend nicht so groß. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man insgesamt viel motivierter ist, wenn man sich klare Ziele setzt. Das kann heißen: "Ich möchte mein Studium beenden und danach in einer Firma arbeiten." Oder: "Ich möchte nach Brasilien reisen, deshalb melde ich mich zu einem Portugiesisch-Kurs an." Bestimmt fallen euch da auch einige Beispiele zu euch selbst ein, liebe Leser und Leserinnen. Um motiviert zu sein, muss man sich immer wieder fragen: "Warum mache ich das hier?" Normalerweise sollte das Ergebnis des eigenen Handelns dann motivierend. Schließlich werden wir uns bewusst, was wir unserem Tun bezwecken, ob es wirklich für uns selbst ist oder vielleicht auch durch Druck von außen. Wenn wir etwas tun, das wir selbst wirklich wollen und nicht Eltern, Lehrer oder Freunde, dann sind wir meist auch motivierter. Motivation ist nicht gleich Zwang.
Ist uns das Ziel aber gar nicht so wichtig oder so dringend ("Och, wir fahren irgendwann mal nach Brasilien, wenn die stressige Zeit nach der Arbeit vorüber ist, schauen wir dann mal die nächsten Jahre..."), dann ist die Motivation viel geringer, das tatsächlich auch umzusetzen. Da hilft es, sich selbst eine Deadline zu setzen: Wann mache ich das? Bis wann will das auf jeden Fall getan haben? Unentschlossenheit ist nämlich ein absoluter Motivationskiller und oftmals gefundenes Fressen für den gefürchteten inneren Schweinehund. "Irgendwann" ist keine Zeitangabe, die sich motivierend auswirkt.

Hindernisse bei der Bewältigung bestimmter Vorhaben gibt es eigentlich immer. Und sei es nur der Schritt, zum Telefonhörer zu greifen und einen Termin auszumachen, z.B. bei einer Sprachschule, um beim Beispiel zu bleiben. Doch Motivation hilft uns, mühelos über derlei Hindernisse zu springen. Wenn wir die Frage "Will ich das?", egal, ob im Job, beim Sport oder bei einer zu erledigenden Arbeit laut mit "Ja" beantworten können, sollten wir auch anfangen. Schnellstmöglich. Auch wenn wir es eher müssen als wollen, denn das, was hinter der Handlung steht, ein Haus, eine abgeschlossene Ausbildung oder eine erhalten gebliebene Gesundheit, wollen wir ja eigentlich doch. Auch, wenn es anstrengend vorher wird und wir nicht auf alles Lust haben, was der Weg dorthin mit sich bringt, zum Beispiel Bewerbungen schreiben.

Mir ist aufgefallen, je motivierter ich in einem bestimmten Bereich meines Lebens bin, desto mehr hat sich das auch auf andere Lebensbereiche ausgewirkt. Das heißt: Wenn wir einmal festgestellt haben, dass wir uns selbst motivieren können, ohne Druck von außen, können wir das überall anwenden - vorausgesetzt, wir wollen es. 
Motivation ist ansteckend. Auch gegenüber unseren Mitmenschen, die sich inspiriert fühlen, es uns gleich zu tun. Sie sehen ja, dass es bei uns funktioniert, wenn wir bei einer Sache motiviert sind. Wenn wir sehen, dass sich andere durch uns motiviert fühlen, bestärkt uns das noch einmal doppelt in unserem Tun- ein schöner Nebeneffekt. Ich glaube, dass Erfolg nicht allein mit Talent zu tun hat - sondern auch mit sehr viel Motivation, an etwas dranzubleiben.

Lachyoga

Kennt ihr das, wenn man einmal zu lachen anfängt und dann nicht mehr aufhören kann, obwohl der Bauch schon wehtut und man kaum noch Luft kriegt, aber trotzdem aus vollem Herzen lacht? Mir geht das oft so, wenn ich mit Freunden abends in der Runde sitze und einer von ihnen etwas Witziges erzähle. Kaum einkriegen kann ich mich auch, wenn J. und ich in unserer WG zusammensitzen und uns in Lashflashs hineinsteigern.
Es kommt auch vor, dass ich in der Bahn sitze und eine lustige Whatsapp-Nachricht bekomme, bei der ich laut losprusten muss und erstaunte Blicke von allen Seiten ernte. Eine Frau, die mir eines Abends in der Bahn gegenübersaß, sagte sogar zu mir: "Ich habe dich auf dem Bahnsteig gesehen, wie du gelacht hast. Das war schön."

Jedenfalls gab es etwas, das ich schon immer ausprobieren wollte: Lachyoga. Als ich das zum ersten Mal gehört habe, dachte ich: "Was soll das denn bitte sein? Den Sonnenaufgang machen und dabei lachen, wie soll man das zusammenbringen?" und "Geht das überhaupt, dass man die ganze Zeit dabei lacht?". Ich stellte mir das auf jeden Fall schon ziemlich abartig vor.

Meine Freundin J. und ihr Freund begleiteten mich zu der Lachyogastunde, ein fetter Smiley an der Haustür wies uns den Weg. Wir waren die Jüngsten in der Runde, wärmten uns zusammen mit den anderen Teilnehmer/innen auf, indem wir Luftballons durch den Raum schubsten, und machten dann verschiedene Einheiten mit, bei denen wir oft "Ha-ha-ho-ho", sagten. Ja, zuerst sagten, was so komisch war, dass ich dann tatsächlich lachen musste. Am meisten konnte ich lachen, wenn ich zu J. und ihrem Freund hinübersah und unsere verschmitzten Blicke sich trafen. Zwischendurch, als die Runde eigentlich vergleichsweise still war, bekam ich so einen Lachflash, dass ich erst das Gefühl hatte, ich könnte nicht mehr aufhören. Dabei war der Moment nicht einmal lustig, trotzdem hatte ich das Gefühl, ich könnte einfach immer weiterlachen, wenn ich mich nicht absichtlich beruhigte. In der kurzen Pause erklärte uns die Lachyoga-Lehrerin, dass die Sitzungen gegen Depressionen helfen und dafür sorgen, dass man vom Alltag abschaltet und Stress loslässt.

Ich fand diese Gedanken zum Thema sehr interessant. Dass Lachen wohltuend für die Seele ist, wissen wir ja alle. Und nicht etwa ein aufgesetztes Lachen, mit dem wir fröhliche Stimmung simulieren wollen. Sondern ureigenstes, innerstes Lachen, dass vielleicht nicht nur niedlich klingt, sondern auch richtig dröhnend und laut sein kann. Das kommt bei uns meistens zum Vorschein, wenn wir unter Menschen sind, die uns gut tun, wenn wir uns gut fühlen und wenn wir ausgelassen sind. Solche Momente, denke ich, werden viel zu sehr unterschätzt. In Gesellschaft lachen wir ohnehin viel öfter als alleine. Wenn wir es aber auch schaffen, uns alleine zu erheitern, sei es mit einer lustigen Buchpassage oder, weil wir etwas Lustiges sehen, dabei laut loszulachen, ohne das jemand neben uns ist, ist das Gold wert. 
Auf die Frage meiner Freundinnen, wie es denn gewesen sei beim Lachyoga, antwortete ich: "Es war lustig."

Samstag, 21. Juli 2018

Gewaltfreie Kommunikation

Es nicht allzu lange her, dass ich mich in einem Seminar an meiner Uni mit dem Thema "Gewaltlose Kommunikation" beschäftigen sollte.
Wir sind alle Menschen, die von Menschen umgeben sind, und neben aller Wertschätzung und Zuneigung, die wir uns entgegenbringen können, ist da auch ein mächtiges Konfliktpotenzial. Diese Konflikte sind nicht immer gewaltfrei und damit meine ich nicht etwa, dass sich bei den Auseinandersetzungen geprügelt wird und körperliche Gewalt im Spiel ist.

Aggressive Rhetorik und Wortwahl können viel verletztender für das Gegenüber sein. Im Streit wird nicht selten ausgepackt, was sich gegen die andere Person verwenden lässt, das eigene Ego drängt sich mit Ellenbogen an die Oberfläche und ist dabei alles andere als nett und empathisch. In der Theorie der gewaltlosen Kommunikation wird zwischen Wolfssprache und Giraffensprache unterschieden. Der Wolf in seiner Position sitzt zum Angriff bereit, während die Giraffe mit ihrem langen Hals die Gesamtsituation überblickt und nicht nur die eigenen, verletzten Gefühle sieht. Zur Wolfssprache würde es gehören, wenn jemand sagt: "Du bist so scheiße, weil du das gemacht hast." Die Giraffe würde es eher so ausdrücken: "Ich finde, das was du gemacht hast, war nicht in Ordnung. Ich hätte mir gewünscht, dass du es so gemacht hättest...". Letzteres wäre gewaltfreie Kommunikation, wozu es gehört, den Eindruck aus der eigenen Perspektive zu schildern, den anderen nicht direkt zu verurteilen, nicht beleidigend zu sein und möglichst sachlich zu bleiben sowie die gesamte Situation kritisch unter die Lupe zu nehmen, ohne sein eigenes Ego zu sehr einfließen zu lassen.
Giraffensprache ist übrigens auch ehrlich, genauso ehrlich, wie Wolfssprache es vielleicht ist, jedoch auf weniger verletztende Weise.
Wenn jemand wütend ist, ist so was schwer, das kennt jeder bestimmt auch von sich selbst. Streiten an sich gehört dazu und sollte meiner Meinung nach auch nicht gemieden werden. Ich denke jedoch auch, dass sich vieles zum Positiven verändern kann, wenn Menschen mehr lernen, gewaltfrei zu kommunizieren.

Als ich in einem Feriencamp für Kinder arbeitete, holte mich einer der Jungs zu seinem Mittagesssens-Tisch und erzählte mir, er wäre von dem Jungen gegenüber von ihm als "dumm" beschimpft worden. "Stimmt das?", fragte ich den Jungen gegenüber. "Nein", erwiderte dieser. "Ich meinte nur, das, was du gemacht hast, war dumm." Die Aussage war vielleicht auch nicht die Sachlichste, aber schon ein großer Unterschied zu der Behauptung, er wäre dumm als Person. Gemeinsam versuchten wir, den Konflikt zu lösen. Im Stillen dachte ich mir: Eigentlich sind die Kinder durchaus in der Lage, gewaltfreier und weniger verletztend zu kommunizieren, sie halten sich nur nicht immer daran. Das Gleiche gilt für uns Erwachsene. Wir alle kennen den Moment, wo wir einfach nur den Mittelfinger heben wollen und schreien wollen: "Fuck you." Und in dem Logik, Vernunft und ein sachliches Friedensverständnis einfach mal egal sind.
Ein bisschen Wolf und ein bisschen Giraffe steckt in jedem von uns. Ich würde sagen, es kommt darauf an, welches von beiden wir mehr aus uns herauskehren.
Gewaltfreie Kommunikation wird nicht den Weltfrieden herbeiführen, ist aber ein wesentlicher Schritt, um Beziehungen zu reparieren und von Mitmenschen respektiert zu werden.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Sich selbst treu bleiben

Es ist ein Jahr her, als ich mein Praktikum in einer sozialpädagogischen Mutter-Kind-Einrichtung machte. Als ich aus der Tür hinausging, mit jeder Menge Glückwünsche und Verabschiedungs-Bekundungen, sagte meine Chefin: "Bleib dir treu!".
Das habe ich keinesfalls vergessen und auch möglichst beherzigt, würde ich sagen.
Treue ist etwas, das wir prinzipiell von anderen erwarten, von unseren Freunden und Partnern. Da ist Treue meistens ganz selbstverständlich und hoch angesehen, ob sie nun praktiziert wird oder nicht. Doch wie steht es mit der Treue uns selbst gegenüber? Ich denke, sich selbst treu zu bleiben, ist genauso wichtig, wie den Menschen, die man liebt, treu zu sein.
Oft genug kommt es vor, dass Menschen es anderen recht machen wollen und dabei die eigenen Ziele aus den Augen verlieren, sich nicht mehr fragen: "Was will ich denn eigentlich?".

Dieses Sich-Selbst-Treu-Bleiben sollte nicht in Egoismus ausarten bzw. damit verwechselt werden. Wer sich selbst treu bleibt, dem sind die Menschen im Umfeld nicht einfach egal. Er verliert nur nicht aus dem Blick, auch für sich selbst zu sorgen. Denn wer in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, sorgt in der Regel auch besser für andere, und nicht nur aus einem Gefühl der Abhängigkeit heraus.

Manchmal muss man andere Menschen gehen lassen, die einem nicht mehr gut tun und dem entgegenwirken, sich selbst treu zu bleiben.
 Beziehungen heutzutage scheitern nicht selten daran, dass die Partner sich treu bleiben wollen und lieber in ein anderes Land ziehen wollen, als die Beziehung aufrecht zu erhalten. In anderen Generationen vor uns spielte es keine Rolle, dass sich Menschen selbst treu bleiben wollten. Das Gemeinwohl bzw. das Wohl der Familie hatte oberste Priorität. Doch wir leben nun in einer Zeit, in der uns mehr denn je zugestanden wird, dass wir individuell und selbstständig sein dürfen, das, was wir wirklich sind. Zumindest wird es uns so suggeriert, Erwartungen und Druck von außen lasten trotzdem nicht selten auf uns, oft auch unbewusst.

Es ist eher die Frage, ob wir auch nach dieser Selbstständigkeit leben und bereit sind, unserem eigenen Weg zu folgen. Ob wir bereit sind, Dinge aufzugeben, die uns daran hindern, uns selbst treu zu bleiben. Das ist in der Realität oft schwieriger, als wir denken. Wer sich selbst treu sein will, muss sich erstmal mit sich selbst auseinandersetzen.
Diese Welt macht es uns auch nicht immer leicht, uns selbst treu zu bleiben, trotz aller Instagram-Motivationssprüche, die uns stündlich daran erinnern. Wir sammeln ununterbrochen Eindrücke, sehen, wie es bei anderen läuft, merken uns vor allem das, was gut läuft und befürchten, dass unser Weg vielleicht nicht der Richtige ist, weil es noch unzählige andere Wege gibt, wie wir es besser machen könnten. Wie in einem Labyrinth, in dem wir stehen und uns dabei selbst zu verlieren drohen.

Wenn eine Frau, die von anderen als übergewichtigt angesehen wird, sich selbst aber schön findet und sich in ihrem Körper absolut wohlfühlt, nicht wegen dem Druck ihres Umfeldes abzunehmen beginnt, dann ist das auch eine Art, sich selbst treu zu bleiben. Würde sie sich in ihrem Körper unwohl fühlen, wäre das etwas anderes, weil sie dann abnimmt, um sich selbst treu zu bleiben, nicht, weil andere es von ihr erwarten. Das ist ein großer Unterschied.

Montag, 28. Mai 2018

Die große Freiheit

Freiheit ist das, was in der heutigen Zeit hoch angepriesen wird und als höchst erstrebenswert gilt. Doch was ist Freiheit eigentlich? Ist man frei mit dem Erreichen der Volljährigkeit, sobald man selbstverantwortlich Formulare unterschreiben darf? Oder ist man frei, wenn man etwas tut, wovon dem man genau weiß, dass die Menschen in der Umgebung das nicht gut fänden? Bedeutet Freisein vielleicht auch, einer Arbeit nachzugehen, die man liebt? Hat Freiheit möglicherweise auch ein bisschen mit Egoismus zu tun? War es Freiheit, wenn unsere Mutter uns als Kind mit Freunden alleine draußen spielen ließ und wir nachhause kommen durften, wann wir wollten?

Freiheit ist ein großes Wort. Und so traurig es klingen mag, ich glaube, die wenigsten Menschen auf dieser Welt sind wirklich frei, ganz gleich, ob wir im 21. Jahrhundert leben. Vielerorts wird Freiheit als ein grundlegenes Menschenrecht angesehen. Doch so frei, wie der Mensch sich hält, ist er oftmals doch nicht - dazu unterwirft er sich zu sehr gesellschaftlichen Zwängen.
In anderen Ländern müssen Menschen darum kämpfen, frei zu werden und überhaupt ein selbstbestimmtes Leben führen zu dürfen. Hier ist das nicht so- und doch fühlen sich viele nicht frei. Sie fühlen sich beispielsweise durch die Erwartungen ihrer Mitmenschen unter Druck gesetzt und denken, sie müssten ihrem Umfeld gerecht werden. Oftmals beeinflusst unser Umfeld - unsere Familie, unsere Freunde oder die Gesellschaft im Allgemeinen- uns mehr, als uns möglicherweise bewusst ist. Durch Werbung wird uns suggeriert, was gerade angesagt ist und was wir toll finden sollten.
Viele Menschen haben das Gefühl, sich und anderen etwas beweisen zu müssen oder fürchten sich davor, ihre Freiheit auszuleben. Freiheit ist schließlich auch mit Verantwortung verbunden und heißt auch, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Und sich manchmal nicht darum zu kümmern, was das Umfeld sagt. Sich für das Geschichtsstudium zu entscheiden, obwohl die Familie auf ein Jurastudium hofft, zum Beispiel. Eine große Reise anzutreten, auch wenn man nicht weiß, wohin sie einen führt. Das zu tun, was man eigentlich schon immer wollte, auch wenn man nicht weiß, wie es danach weitergeht. Das alles ist unsere persönliche Freiheit, doch der erste Schritt ist es, sich überhaupt erst zu erlauben, frei zu sein. Ich glaube, dass uns der Gedanke, frei zu sein, manchmal utopisch erscheint, obwohl wir diese Freiheit theoretisch besitzen.
Freiheit ist auch ziemlich subjektiv. Jeder hat eine andere Vorstellung davon, wie sich Freiheit anfühlt. Einen Job zu haben, den man liebt, kann auch als Freiheit empfunden werden. Oder an einem Ort zu wohnen, an dem alle paar Minuten eine Bahn fährt.
Freiheit kann so unterschiedlich interpretiert werden. Welche Art von Freiheit es jedoch auch sein mag: Meistens muss man sich selbst erst die Erlaubnis geben, sie zu nutzen, und sich ihrer bewusst machen. Und ja, ich würde sagen, selbst ein wenig gesunder Egoismus ist auch dabei.

Sonntag, 20. Mai 2018

Ich und Pädagogik

Es ist inzwischen fast zwei Jahre her, dass ich mich dazu entschieden habe,  tiefer in die Pädagogik und die soziale Arbeit einzusteigen. Da kommt ab und zu die Frage auf, warum ich studiere, was ich studiere. Pädagogik und Erziehung klingt schnell nach Schulbank drücken und nach Regeln. Dabei sind die Ziele viel komplexer und tiefgehender. Wir Erziehungswissenschaftler arbeiten mit Menschen und meistens haben wir das Anliegen, etwas zu verändern. Wie z. B. meine Freundin H., die sich für die Schulbildung in Afrika einsetzt.

Einen Bezug zu zwischenmenschlicher Kommunikation und dem Umgang mit Menschen verschiedener Art sollten wir im Normalfall haben, wenn wir uns entschieden haben, zu Erziehungswissenschaftlern zu werden. Wenn wir Kindern etwas lehren bzw. etwas dazu beitragen, dass sie beschützt aufwachsen, dann tragen wir damit einen Teil zur Zukunft bei. Und setzen da an, wo es früh genug ist, wo man die Basis schaffen kann für die gelungene Entwicklung eines Menschen.
Das heißt nicht, dass wir nur auf Kinder fokussiert wären.
Alle Altersgruppen können die Unterstützung von anderen Menschen gebrauchen. Wir leben in einer Welt, in der man sich gegenseitig braucht und auch brauchen wird. Es wird immer Menschen geben, die in Not sind, deren Kindheit nicht problemlos verlaufen ist (da kann man sich schon wieder fragen, was unter problemlos überhaupt zu verstehen ist) und die sich in einer Lebenslage wiederfinden, bei der Unterstützung einiges bewirken kann.

Wir Pädagogen wollen also die Welt ändern, könntet ihr jetzt fragen. Ich würde sagen, nein, wir verändern nicht gleich die ganze Welt, aber wir fangen im Kleinen an und legen eine positive Basis, aus der heraus die Welt veränder werden kann. Wenn wir z. B. ein Kind bei seiner Entwicklung unterstützen und dafür sorgen, dass es gut aufwächst, wird dadurch vielleicht erstmal ein kleines Menschenleben verändert.

Und dieser kleine Mensch wird irgendwann groß und dann seine weiteren Schritte tun. Zum Beispiel den Friedensnobelpreis gewinnen oder, wenn wir mal bescheidener denken, das Abitur schaffen, woraufhin der angestrebte Traumjob folgt.
Ich glaube, wir könnem mehr verändern, als wir denken. Wenn wir die Basis für etwas legen, kann das große Folgen für die Zukunft haben.

Als Erziehungswissenschafts-Studentin lerne ich zudem viel über Menschen, habe ich festgestellt. Menschen können ziemlich unterschiedlich sein, manchmal anstrengend, manchmal inspirierend - aber die Arbeit bleibt immer spannend. Wenn man einen Job hat, in dem man sich mehr mit Menschen auseinandersetzen muss als mit Technik, Zahlen oder Texten, dann weiß man meistens nie, was einen erwartet, wenn man zur Arbeit geht. Ich kann mir nichts Besseres vorstellen, auch wenn das viele, die ich kenne, verwundern mag. Der Umgang mit Menschen (ja, auch mit schwierigen Menschen) ist etwas, das mich jeden Tag aufs Neue fasziniert, immer und überall. Deshalb, liebe LeserInnen, habe ich angefangen, Erziehungswissenschaft zu studieren.

Dienstag, 1. Mai 2018

Sich selbst überwinden

Sehr oft höre ich den Satz, wenn es um Ernährungsgewohnheiten, sportliche Aktivitäten und Fächer an meiner Universität geht: "Also, das könnte ich ja nicht...".
Es ist absolut in Ordnung, nicht alles zu können oder gar zu wollen, denke ich, aber ich glaube, dass viele sich da unterschätzen. Wenn wir Zeit, Kraft und Mühe in etwas investieren, was uns begeistert, dann können wir auch viel mehr, als wir zuerst glauben.
Es ist nicht allzu lange her, dass ich in einer Zirkusgruppe angefangen habe, Aerial Dance und andere zirkusartistische Diszilpinen zu lernen. Und dabei habe ich auch neben den Tricks gelernt, dass es vor allem darum geht, sich selbst zu überwinden.
Ich mag das Zitat "What if I fall?" -"But darling what if you fly?" von Erin Hanson, das dazu sehr treffend ist. Oft haben wir die Befürchtung, dass wir etwas nicht schaffen und versuchen es gar nicht erst. Manchmal erscheint es so fern, dass wir es könnten, sodass wir uns gar nicht erst weiter damit befassen. Und dabei hätten wir doch die Möglichkeit, wenn wir es schaffen, etwas Wundervolles zu erleben - praktisch fliegen zu lernen. Jeder hat seine Art, fliegen zu lernen. Bei mir ist es Aerial Dance.

Ich habe beim Aerial Dance einen Trick gelernt, bei dem man sich an den Hüften in das Vertikaltuch einwickelt, die Arme frei hat und sich daraufhin kopfüber nach vorne fallen lässt. Vor allem in größerer Höhe könnte das später sicherlich für den einen oder anderen Adrenalinrausch sorgen. Ich als Anfängerin muss mir zuerst immer einen kleinen Ruck geben, bevor ich mich wirklich fallen lasse. So war es früher in der 4. Klasse auch beim ersten Mal vom Dreier-Turm springen. Ich stand oben, guckte aufs Schwimmbecken hinunter und gab mir einen Ruck, motivierte mich selbst.

Auch bei anderen Zirkusdisziplinen und generell Sportarten ist es von Bedeutung, sich zu überwinden. Um uns an Salto-Übungen heranzutasten, sollten wir über eine aufgestellte Matte springen. Oftmals blieben wir kurz vor dem Sprung stehen, weil wir daran zweifelten, es hinüberzuschaffen. Als wir dann aber trotzdem sprangen, konnten wir die Matte meistens zu unser eigenen Überraschung überwinden - erst nachdem wir unsere Befürchtungen ausgeschaltet hatten.

Wenn wir schaffen, uns in bestimmten Momenten zu überwinden, werden uns oftmals mehr Türen offen stehen als zuvor.
In dem Moment, an dem wir an unsere Grenzen gelangen, werden wir uns ihrer überhaupt bewusst und können -wenn wir es wünschen- an ihnen arbeiten. Dann haben wir auch die Möglichkeit, sie zu überwinden. Ich glaube, jedes Mal, wenn wir es schaffen, uns selbst zu überwinden, wachsen wir ein Stück an uns selbst. Die meisten Grenzen, die wir vorfinden, sind nicht durch die Lebensumstände oder andere Menschen vorgegeben, sondern existieren in uns selbst und in unserem Denken. Wenn wir denken, wir würden etwas niemals können, ist dies das schwerste Hindernis, nicht etwa unsere mangelnden Fähigkeiten.
Und wenn wir es erstmal geschafft haben, uns selbst zu überwinden, werden wir zudem belohnt mit dem Glücksgefühl darüber, dass wir etwas geschafft haben: Es gibt kaum etwas, dass sich besser anfühlt, als über sich selbst hinausgewachsen zu sein. ;)

Montag, 12. März 2018

Weshalb ich vegan lebe

Neun Jahre ist es nun her, dass ich vor meinem Teller Grillwürstchen mit Kohlrabistreifen saß und beschloss, Vegetarierin zu werden. Dies habe ich vor einigen Jahren bereits in einem meiner ersten Blogbeiträge erwähnt, doch das Thema ist nun aktueller denn je. 
Drei Jahre später entschied ich mich für den nächsten Schritt: Veganerin zu werden. Davor ließ ich immer mehr auch Eiprodukte weg, doch irgendwann wollte ich mich ganz und gar von tierischen Produkten abgrenzen.

Viele Menschen, die von meinem veganen Lebensstil erfahren, zeigen sich meiner Erfahrung nach sehr interessiert und wollen oft wissen, wie es dazu gekommen ist. 
Ich selbst verurteile niemanden, der neben mir sitzt und ein Stück Fleisch auf dem Teller hat, wie manchmal angenommen wird. Genauso, wie andere meine Entscheidung, vegan zu leben, tolerieren, toleriere ich es, dass sie sich anders ernähren als ich.

Wir sind schließlich fast alle so aufgewachsen, dass es normal ist, Tiere zu essen und zum eigenen Zweck zu benutzen. Die ersten dreizehn Jahre meines Lebens war dies auch der Fall. 
Für unsere Großeltern war Fleisch sogar höchst kostbar, wenn man mal an den ersten oder zweiten Weltkrieg denkt. 

Heute aber sind tierische Produkte zu billiger Massenware geworden. Ich denke, ein Putenschnitzel für 99 Cent aus der Tiefkühltruhe kann nicht gerade von einem würdigen Tierleben zeugen. 

Und doch sind Menschen Fleisch als Nahrungsmittel so sehr gewöhnt und dazu erzogen worden, es zu essen, sodass sie nicht so schnell auf die Idee kommen, zu hinterfragen, was möglicherweise dahinter steckt.
Wir leben nicht mehr in der Steinzeit, wo Menschen viel Kraft und Geduld aufwenden mussten, um ein Tier zu jagen, und sich nur das genommen haben von der Natur, was sie zum Leben brauchten. Die Zeiten haben sich stark geändert.

In unserer Gesellschaft wird weit mehr konsumiert, als tatsächlich gebraucht wird. Vor allem wird auch noch viel weggeschmissen, wenn man beispielsweise keinen Appetit auf das Gericht mehr hat, aber das fällt kaum auf, weil es ja genug Angebot gibt.
Heutzutage ist es ganz bequem: jeder kann in den Supermarkt gehen und in Plastik eingeschweißtes Hühnchen kaufen, dass nicht einmal mehr nach einem toten Tier aussieht. So ist es auch einfach, zu vergessen, dass es mal rumgelaufen ist und ein Bewusstsein hatte.

Ich bin mir sicher, wenn Menschen jedes Tier, das sie verzehren, vorher selbst schlachten und ausnehmen müssten, würden die wenigsten es übers Herz bringen. Doch die Werbung und die Medien, die tierische Produkte als appetitlich anpreisen und suggerieren, dass es gesund und von den Nährstoffen her wichtig sei, lassen das zu leicht vergessen, was in den Schlachthöfen hinter den Mauern passiert. Ich glaube aber, jeder, der tierische Produkte konsumiert, sollte sich bewusst sein, wo das Fleisch herkommt. Die wenigsten Kinder, die auf dem Bauernhof kleine Kälber und Lämmer streicheln und die sehr süß finden, sind sich darüber im Klaren, dass genau diese Tiere früher oder später auf dem Teller landen. Wurst ist Wurst, aber wo die Wurst herkommt, sagt ihnen keiner.

Meiner Meinung nach macht es keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen oder es zu beschönigen, woher das Fleisch kommt. Die Tiere leiden so oder so in den Massentierhaltungsbetrieben. Selbst wenn wir nicht hinsehen oder uns vor den Videos, die dort heimlich aufgenommen wurden, ekeln: Die Realität ist es leider trotzdem, und kein Horrorstreifen, in dem das Blut aus Tomatensoße besteht.

Ich habe mich entschieden, das System der Massentierhaltung nicht mehr zu unterstützen. Inzwischen kann ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder anders zu leben, so stark ist meine Abneigung gegenüber tierischen Produkten geworden. Ich kann es nicht mehr als etwas betrachten, das man essen kann, auch wenn das für Normal-Esser wahrscheinlich schwer zu verstehen ist.

Meine Ehrfucht gegenüber dem Leben ist es vor allem, weshalb ich mich entschieden habe, Veganerin zu werden.  
Für mich gehört das Leben an sich zu den größten Wundern, die uns täglich umgeben, egal, in welcher Form. Jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze ist in meinen Augen ein Träger dessen, weshalb wir es mit Respekt behandeln sollten und es nicht leichtfertig nehmen sollten, wenn wir es eigentlich nicht nötig hätten.

In unserer Konsumgesellschaft ist das vielleicht ein ungewöhnlicher Gedanke. Doch es ist bereits ein gewisses Umdenken erkennbar, wenn ich sehe, wie viele Restaurants vegane Gerichte anbieten und diese Ernährung sich zum Trend entwickelt. 
Zudem denke ich, dass vegane Ernährung eine Entscheidung ist, die nicht missioniert werden kann. Wer sich vegan ernähren möchte, sollte es tun, wenn er selbst hundertprozentig dahinter steht. Nicht mit dem Hintergrund etwa, weil es Trend ist oder andere Menschen ihn dafür verurteilen, dass er Fleisch isst. So war es auch bei mir, ich selbst habe als Teenager diese Entscheidung aus eigener Motivation getroffen.

Samstag, 10. Februar 2018

Vorbilder

Es gibt Größen wie Mahatma Gandhi oder Audrey Hepburn, die vielfach zitiert werden und eine Vorbildfunktion haben. Die ersten Vorbilder eines Kindes sind meistens die Eltern, danach werden oftmals noch andere Personen Vorbild. Meistens welche, die vom Alter noch näher dran sind. Und manchmal auch Charaktere aus Filmen, die nicht real existieren, denen ein Kind oder Jugendlicher trotzdem gern nacheifert. Wenn sich ein junger Mensch jemanden zum Vorbild nimmt, dann stellt dieser für ihn etwas dar, das er selbst erreichen möchte. Demnach haben Vorbilder zweifellos eine große Verantwortung. Da brauchen wir nur unsere Eltern zu fragen. Als kleines Kind werden wir sie wohl kaum so sehr in Frage gestellt haben wie später in der Pubertät oder sogar noch viel später.

Ich denke, jemand, der Vorbild sein möchte, tut dies, indem er es anderen vorlebt. Vorbild ist man nicht durch das, was man ist, sondern durch das, was man aus sich macht.
Jemand, der sich zum Beispiel gesund ernährt und nicht darüber spricht, macht viel mehr Eindruck als jemand, der sich äußerst ungesund ernährt, aber immer Moralpredigten darüber hält, wie wichtig gesunde Ernährung sei. Genauso verhält es sich mit Eltern, die ihrem Kind mit angezündeter Zigarette im Mundwinkel einschärfen: "Fang niemals an zu rauchen, wenn du groß bist."

Das klingt an sich ja eigentlich ziemlich logisch. Wer Vorbild sein will, sollte sich richtig verhalten, denken wir jetzt möglicherweise, und sein Leben so gut machen, wie er kann. Doch was verstehen wir wirklich unter einem guten Vorbild mit "richtigem" Verhalten? Ein Patentrezept dafür gibt es schließlich nicht und außerdem wäre jemand, der sich des guten Vorbildes willen so sehr verbiegt, auch schon wieder ein ziemlich fragwürdiges Vorbild meiner Meinung nach.

Ich würde sagen, Vorbild sein heißt nicht etwa, immer alles richtig zu machen. Das wär auch unwahrscheinlich und kann zudem unnötig Druck machen auf diejenigen, die dem Idol nacheifern und letztendlich selbst alles perfekt machen wollen, was gar nicht Sinn der Sache ist.
Vorbilder können nämlich auch mal scheitern und so richtig auf die Nase fallen, um dann wieder aufzustehen und weiterzumachen. Damit können sie zeigen, dass es funktioniert. Und zugleich auch, wie es nicht funktioniert und dass man das erstmal erfahren haben muss, bevor man es besser macht.

Vorbildlich ist es jedoch auch nicht, wenn man jemanden etwas vorlebt, wohinter man eigentlich nicht steht und das sich letztendlich nur als geschönte Fassade entpuppt. Ich denke, dass z. B. Eltern, die sich nicht trennen, mit dem Grund, sie seien sonst ein schlechtes Vorbild für ihre Kinder, damit noch längst kein gutes Vorbild abgeben. Da kann sogar die Trennung noch das bessere Vorbild sein, auch, wenn es in dem Moment weder von Seiten der Eltern noch der Kinder auf den ersten Blick so empfunden wird.

Ich glaube, dass die Menschen immer die besten Vorbilder waren, die immer ihren eigenen Weg gegangen sind, auch, wenn er nicht der Norm entsprach, die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben und immer noch lernen, und die sich selbst treu geblieben sind. Und nicht unbedingt die Menschen mit dem perfekten Lebenslauf und der Überzeugung, sie wüssten bereits alles.

Vorbilder machen oftmals mehr aus, als wir denken. Oftmals denken wir gar nicht viel darüber nach, was wir gerade tun, zum Beispiel, wenn wir jemanden selbstbewusst sagen, was wir gerade denken, oder konsequent den Müll trennen. Es gibt mehr Menschen in unserer Nähe, die das wahrnehmen, als wir glauben, und sich plötzlich daran orientieren. Es heißt ja auch, wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst anfangen. Das ist meist viel schwieriger, als mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu sagen "Du musst mehr Sport machen", "Du musst aufhören, Alkohol zu trinken" oder "Du darfst andere nicht ungerecht behandeln.". Die Welt ändert sich dadurch, sich gegenseitig zu korrigieren und maßzuregeln. Sie ändert sich, weil jemand anfängt, und andere davon so begeistert sind, dass sie es auch tun.

Ich selbst kann mich nur schwer daran erinnern, ob ich in meiner Kindheit und Jugend selbst einmal ein wirkliches Vorbild hatte, das mich so sehr geprägt und dem ich nachgeeifert hätte. Inspiriert haben mich dagegen viele Dinge, z.B. Geschichten oder Begegnungen mit bestimmten Menschen. Und ich hoffe, dass ich selbst auch irgendwann andere Menschen inspirieren kann.