Samstag, 21. Juli 2018

Gewaltfreie Kommunikation

Es nicht allzu lange her, dass ich mich in einem Seminar an meiner Uni mit dem Thema "Gewaltlose Kommunikation" beschäftigen sollte.
Wir sind alle Menschen, die von Menschen umgeben sind, und neben aller Wertschätzung und Zuneigung, die wir uns entgegenbringen können, ist da auch ein mächtiges Konfliktpotenzial. Diese Konflikte sind nicht immer gewaltfrei und damit meine ich nicht etwa, dass sich bei den Auseinandersetzungen geprügelt wird und körperliche Gewalt im Spiel ist.

Aggressive Rhetorik und Wortwahl können viel verletztender für das Gegenüber sein. Im Streit wird nicht selten ausgepackt, was sich gegen die andere Person verwenden lässt, das eigene Ego drängt sich mit Ellenbogen an die Oberfläche und ist dabei alles andere als nett und empathisch. In der Theorie der gewaltlosen Kommunikation wird zwischen Wolfssprache und Giraffensprache unterschieden. Der Wolf in seiner Position sitzt zum Angriff bereit, während die Giraffe mit ihrem langen Hals die Gesamtsituation überblickt und nicht nur die eigenen, verletzten Gefühle sieht. Zur Wolfssprache würde es gehören, wenn jemand sagt: "Du bist so scheiße, weil du das gemacht hast." Die Giraffe würde es eher so ausdrücken: "Ich finde, das was du gemacht hast, war nicht in Ordnung. Ich hätte mir gewünscht, dass du es so gemacht hättest...". Letzteres wäre gewaltfreie Kommunikation, wozu es gehört, den Eindruck aus der eigenen Perspektive zu schildern, den anderen nicht direkt zu verurteilen, nicht beleidigend zu sein und möglichst sachlich zu bleiben sowie die gesamte Situation kritisch unter die Lupe zu nehmen, ohne sein eigenes Ego zu sehr einfließen zu lassen.
Giraffensprache ist übrigens auch ehrlich, genauso ehrlich, wie Wolfssprache es vielleicht ist, jedoch auf weniger verletztende Weise.
Wenn jemand wütend ist, ist so was schwer, das kennt jeder bestimmt auch von sich selbst. Streiten an sich gehört dazu und sollte meiner Meinung nach auch nicht gemieden werden. Ich denke jedoch auch, dass sich vieles zum Positiven verändern kann, wenn Menschen mehr lernen, gewaltfrei zu kommunizieren.

Als ich in einem Feriencamp für Kinder arbeitete, holte mich einer der Jungs zu seinem Mittagesssens-Tisch und erzählte mir, er wäre von dem Jungen gegenüber von ihm als "dumm" beschimpft worden. "Stimmt das?", fragte ich den Jungen gegenüber. "Nein", erwiderte dieser. "Ich meinte nur, das, was du gemacht hast, war dumm." Die Aussage war vielleicht auch nicht die Sachlichste, aber schon ein großer Unterschied zu der Behauptung, er wäre dumm als Person. Gemeinsam versuchten wir, den Konflikt zu lösen. Im Stillen dachte ich mir: Eigentlich sind die Kinder durchaus in der Lage, gewaltfreier und weniger verletztend zu kommunizieren, sie halten sich nur nicht immer daran. Das Gleiche gilt für uns Erwachsene. Wir alle kennen den Moment, wo wir einfach nur den Mittelfinger heben wollen und schreien wollen: "Fuck you." Und in dem Logik, Vernunft und ein sachliches Friedensverständnis einfach mal egal sind.
Ein bisschen Wolf und ein bisschen Giraffe steckt in jedem von uns. Ich würde sagen, es kommt darauf an, welches von beiden wir mehr aus uns herauskehren.
Gewaltfreie Kommunikation wird nicht den Weltfrieden herbeiführen, ist aber ein wesentlicher Schritt, um Beziehungen zu reparieren und von Mitmenschen respektiert zu werden.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Sich selbst treu bleiben

Es ist ein Jahr her, als ich mein Praktikum in einer sozialpädagogischen Mutter-Kind-Einrichtung machte. Als ich aus der Tür hinausging, mit jeder Menge Glückwünsche und Verabschiedungs-Bekundungen, sagte meine Chefin: "Bleib dir treu!".
Das habe ich keinesfalls vergessen und auch möglichst beherzigt, würde ich sagen.
Treue ist etwas, das wir prinzipiell von anderen erwarten, von unseren Freunden und Partnern. Da ist Treue meistens ganz selbstverständlich und hoch angesehen, ob sie nun praktiziert wird oder nicht. Doch wie steht es mit der Treue uns selbst gegenüber? Ich denke, sich selbst treu zu bleiben, ist genauso wichtig, wie den Menschen, die man liebt, treu zu sein.
Oft genug kommt es vor, dass Menschen es anderen recht machen wollen und dabei die eigenen Ziele aus den Augen verlieren, sich nicht mehr fragen: "Was will ich denn eigentlich?".

Dieses Sich-Selbst-Treu-Bleiben sollte nicht in Egoismus ausarten bzw. damit verwechselt werden. Wer sich selbst treu bleibt, dem sind die Menschen im Umfeld nicht einfach egal. Er verliert nur nicht aus dem Blick, auch für sich selbst zu sorgen. Denn wer in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, sorgt in der Regel auch besser für andere, und nicht nur aus einem Gefühl der Abhängigkeit heraus.

Manchmal muss man andere Menschen gehen lassen, die einem nicht mehr gut tun und dem entgegenwirken, sich selbst treu zu bleiben.
 Beziehungen heutzutage scheitern nicht selten daran, dass die Partner sich treu bleiben wollen und lieber in ein anderes Land ziehen wollen, als die Beziehung aufrecht zu erhalten. In anderen Generationen vor uns spielte es keine Rolle, dass sich Menschen selbst treu bleiben wollten. Das Gemeinwohl bzw. das Wohl der Familie hatte oberste Priorität. Doch wir leben nun in einer Zeit, in der uns mehr denn je zugestanden wird, dass wir individuell und selbstständig sein dürfen, das, was wir wirklich sind. Zumindest wird es uns so suggeriert, Erwartungen und Druck von außen lasten trotzdem nicht selten auf uns, oft auch unbewusst.

Es ist eher die Frage, ob wir auch nach dieser Selbstständigkeit leben und bereit sind, unserem eigenen Weg zu folgen. Ob wir bereit sind, Dinge aufzugeben, die uns daran hindern, uns selbst treu zu bleiben. Das ist in der Realität oft schwieriger, als wir denken. Wer sich selbst treu sein will, muss sich erstmal mit sich selbst auseinandersetzen.
Diese Welt macht es uns auch nicht immer leicht, uns selbst treu zu bleiben, trotz aller Instagram-Motivationssprüche, die uns stündlich daran erinnern. Wir sammeln ununterbrochen Eindrücke, sehen, wie es bei anderen läuft, merken uns vor allem das, was gut läuft und befürchten, dass unser Weg vielleicht nicht der Richtige ist, weil es noch unzählige andere Wege gibt, wie wir es besser machen könnten. Wie in einem Labyrinth, in dem wir stehen und uns dabei selbst zu verlieren drohen.

Wenn eine Frau, die von anderen als übergewichtigt angesehen wird, sich selbst aber schön findet und sich in ihrem Körper absolut wohlfühlt, nicht wegen dem Druck ihres Umfeldes abzunehmen beginnt, dann ist das auch eine Art, sich selbst treu zu bleiben. Würde sie sich in ihrem Körper unwohl fühlen, wäre das etwas anderes, weil sie dann abnimmt, um sich selbst treu zu bleiben, nicht, weil andere es von ihr erwarten. Das ist ein großer Unterschied.